Tölzer Hörakustik | Ein Laden muss lächeln, bevor Sie es können

| Text by: Karin Wahl

Tags: visualmerchandising| Schaufenstergestaltung

 

Gutes Hören ist ein sensibles Thema. Die Kunden möchten nicht nur kompetent beraten werden, sondern sich dabei am liebsten auch wohlfühlen wie bei Freunden. Für das Ambiente heißt das: lieber Designhotel als sterile Arztpraxis und jedem Detail Aufmerksamkeit schenken. Denn nichts wirkt abschreckender als verdorrte Buchsbäumchen am Eingang oder tote Fliegen im Schau-fenster. Die selbstständige Dekorateurin Karin Wahl teilt im folgenden Beitrag ihre besten Tipps für eine stimmige, einladende Schaufenster-und Ladengestaltung.

 Also ich gehöre zur Generation der Babyboomer (seltsamer Begriff für schon im Alter fortgeschrittene Menschen) oder Best Ager (was mir definitiv besser gefällt!). Ich bin Gott sei Dank noch mit relativ gutem Gehör gesegnet, merke aber langsam, dass sich da was anbahnt. Wo würde ich hingehen, wenn es soweit wäre? Ich sehe mich als modernen, kreativen und junggebliebenen Best Ager, der zu seinem Alter steht, aber nicht laut kundtun würde, sich jetzt plötzlich eine Hörhilfe anschaffen zu müssen. Da sollte es schon ein Hörakustiker sein, dessen Laden sich anfühlt, als ob man mit Freunden zusammensitzt. Bloß nicht zu steril, bloß nicht aussehen wie eine Arztpraxis – ich bin ja nicht krank. Dann schon eher wie eine Lobby in einem schönen Designhotel. Hier bin ich Gast, hier fühle ich mich wohl, hier will ich bleiben. Dies hat übrigens auch eine Umfrage in meinem Umfeld (ebenfalls Babyboomer) ergeben. Doch wie sollten dann der Laden beziehungsweise die Ladengestaltung genau aussehen?

 Es gibt keine zweite Chance für den ersten Eindruck. Deshalb ist dieser, wie bei allem, entscheidend. Wie wirkt der Laden von Weitem? Strahlt das Unternehmen Kompetenz und Freundlichkeit aus? Erkennt man überhaupt von außen, was hier angeboten wird? Ich muss gestehen, dass ich bei meiner Recherche zu diesem Artikel an einigen Hörakustikgeschäften vorbeigelaufen bin und sie als solche nicht erkannt hatte. Handelt es sich um eine Filialkette oder um ein Einzelunternehmen? Bereits vor der Türe kann man Individualismus demonstrieren, um auf sich aufmerksam zu machen und einladend zu wirken.

Das Firmenschild sollte deshalb auch mit einem modernen Schriftzug und einem geeigneten Symbol versehen sein, damit schon von der gegenüberliegenden Straßenseite erkannt wird, was hier angeboten wird. Zusätzlich tun die zugegebenerweise nicht mehr besonders innovativen Buchsbäumchen immer noch gute Dienste. Komm rein, hier heißen wir dich willkommen und freuen uns auf dich. Und selbstverständlich dürfen die Pflanzen auch gepflegt werden. Unlängst hatte ich vor einer Apotheke verdorrte Bäumchen gesehen. Mein erster Gedanke war: Wenn sie sich um die Bäumchen nicht kümmern, wie sorgen sie sich dann überhaupt um mich?

 

Spotstrahler, Podeste und ungewöhnliche, mit Bedacht ausgewählte Dekoobjekte setzen selbst kleine und unscheinbare Produkte wie Hörgeräte effektvoll in Szene. 

 Der zweite Eindruck wird in der Regel mit dem Schaufenster gewonnen. Dieses ist die Visitenkarte und der Türöffner. Die Produkte, die in der Hörgeräteakustik angeboten werden, sind natürlich extrem klein und können kaum Aufmerksamkeit erregen. Das dürfen zusätzliche Elemente wie Hinweistafeln oder sehr zielgerichtete Gestaltungselemente übernehmen. Aber bitte nicht das Schaufenster mit zu viel Dekomaterial überfrachten! Lieber das Produkt auf eine Säule stellen, um es so wie im Museum wertiger zu machen und in den Fokus zu rücken.

Die höchste Aufmerksamkeit haben Produkte oder Informationen, die in einer Höhe zwischen 80 und 160 cm aufgebaut sind. Es muss dann unbedingt ein Spotstrahler darauf gerichtet werden, das lockt das Auge. Natürlich können auch entsprechende Inhalte über Bildschirme im Schaufenster abgespielt werden, auch Digital Signage genannt. Allerdings wäre es fatal, sich mal eben einen Fernseher im Elektronikmarkt zu holen. Diese Geräte haben nicht genügend Lichtstärke und sind auch nicht auf einen Dauerbetrieb ausgelegt. Es gibt nichts Schlimmeres als einen schwarzen Bildschirm mit dem Wörtchen „Error“, wie ich es übrigens bei meinem Hörakustikerrundgang erlebt habe.

 Ein gepflegtes Äußeres überträgt sich positiv auf das Unternehmensimage. Das beginnt schon im Eingangsbereich. 

Der Passant nimmt jede Kleinigkeit wahr

Sie dürfen auch gerne darauf achten, dass sich keine toten Fliegen im Fenster befinden. Warum sie immer im Schaufenster sterben, ist mir bis heute unklar. Aber sie tun es und das meistens im Kollektiv. Fünf bis zehn auf einer Fläche von 1 bis 2 m2 sind keine Seltenheit, besonders in der Sommerzeit. Wer da als Ladeninhaber nicht aufpasst, kann sein positives Image schädigen, denn unbewusst nimmt der Passant jede Kleinigkeit wahr.

So, mich hat nun das äußere Erscheinungsbild angesprochen und es könnte „mein“ Hörgeräteakustiker werden. Jetzt kommt aber der maßgebliche Punkt: der Eingangsbereich. Hier entscheidet sich, ob ich eintreten oder vielleicht doch lieber weitergehen möchte. Wie werde ich begrüßt? Welche Atmosphäre erwartet mich? Hat der Laden eine „Seele“? Da ich mich mit Sicherheit dort länger aufhalten werde, möchte ich mich auch wohlfühlen. Einen wesentlichen Einfluss darauf hat nicht nur eine besondere, moderne und ansprechende Einrichtung, sondern vor allem spielt das richtige Licht eine wichtige Rolle.

Licht lockt Leute

Bei einer angenehmen, warmen Lichtstimmung fühlt sich der Kunde sofort wohl. Die Beleuchtung sollte nicht zu kühl wirken. Bei der neuartigen LED-Lichttechnik gibt es inzwischen schon Strahler in verschiedenen Weißlichtfarben – von wärmeren bis kühleren Tönen – und bestimmte LED-Leuchten sind sogar dimmbar. Des Weiteren gibt es auch intelligente Leuchten, die komfortabel über ein Lichtmanagementsystem reguliert werden können. Mit der sogenannten Casambi-Steuerung kann die Stimmung der Tageszeit angepasst werden. Dies geht ganz einfach mithilfe einer App über das Smartphone. Die optimale Ausleuchtung erreicht man mit einer allgemeinen, indirekten Grundbeleuchtung und einzelnen Spotstrahlern, die auf die Besonderheiten gerichtet werden. Das gibt dem Raum eine gewisse Dreidimensionalität. Im hinteren Bereich darf es etwas heller sein als vorne, da niemand gerne in dunkle Ecken geht. Defekte Leuchtmittel müssen so-fort ausgetauscht werden, denn nur das kann gesehen werden kann, was im Licht steht.

Wie sollte nun die Ladengestaltung beschaffen sein? Warme Farbtöne dürfen bei der Einrichtung gewählt werden. Sehr aktuell im Ladenbau sind im Moment gedeckte Farben, wie zum Beispiel ein warmes Anthrazit als Wandfarbe. Wenn dies noch mit natürlichen Holztönen kombiniert wird, ergibt das ein stimmiges, modernes Bild. Vielleicht reicht es ja manchmal schon, nur eine Wand neu zu streichen, um einen in die Jahre gekommenen Ladenbau wieder etwas aufzupeppen.

Der Wartebereich darf ruhig wie eine moderne Lounge ausgestattet sein. Zwei, drei besondere Stühle, dazu ein Blumenstrauß auf einem schönen Tisch, transportieren sofort einen zeitgemäßen Charakter und wirken einladend. Und das nicht nur bei einem älteren Publikum. Wenn ich an meinen Bekanntenkreis denke, da gibt es den einen oder anderen DJ, der bereits in jüngeren Jahren eine Hörhilfe benötigte. Sogar meine 88-jährige Tante hat mir versichert, dass sie sich ein modernes Unternehmen aussuchen würde. Auch diese Generation verändert sich und ist, was Stil angeht, anspruchsvoller geworden.

Selbst im Modehandel hat es sich schon seit längerem durchgesetzt, dass lieber auf ein paar Warenträger verzichtet und stattdessen eine Ruhezone mit Sitzgelegenheiten im wohnlichen Charakter nebst Kaffeebar angeboten wird. Dies soll dem Kunden signalisieren, dass Einkaufen nicht unbedingt Stress bedeuten muss. Home away from home. Einkaufen passiert ja in der Freizeit und in dieser kostbaren Zeit möchte ich es so angenehm wie möglich haben. Ich will ankommen und angenommen werden wie bei Freunden, besonders in der Hörakustik, denn denen muss ich mich ja mit meinen Wehwehchen anvertrauen. Also eine ziemlich intime Geschichte, die ich nicht mit jedem teilen mag. Und jetzt endlich kommen auch Sie ins Spiel und dürfen Lächeln was das Zeug hält. Wie schrieb schon die deutsche Lyrikerin Edeltrud Wisser so treffend?

 
 

Sauber, aber nicht steril, modern, und dennoch mit Wohlfühlcharakter: das Hörzentrum Lux in Köln. 

„Ein Lächeln öffnet die Tür zum Wir“

Hinweistafeln, Wegweiser oder aktuelle Verhaltensregeln dürfen auch Charakter haben und Persönlichkeit ausstrahlen. Ein Kunde, der sofort weiß, wo es lang geht, sich orientieren kann und informiert ist, wird sich gut aufgehoben fühlen. Schöne Schildchen, vielleicht sogar mir der Hand geschrieben, zeigen Nähe und Persönlichkeit des Inhabers. Wenn es dann noch ins Backoffice für einen Hörtest geht, darf es auch hier eine besondere Atmosphäre haben.

Unordnung erzeugt Stress und wird unbewusst auf die Unternehmensführung übertragen. Diverse Unterlagen, Päckchen, die der Paketdienst eben noch abgegeben hat, Pflanzen, die auch hier nicht gegossen werden, wirken nun mal eher nachlässig. Clean und ordentlich darf es sein, aber eben mit dem gewissen Etwas. Denken Sie auch daran, wie der Kunde verabschiedet wird. Übervolle Kassentresen mit Prospekten, zu vielen Hinweistafeln oder womöglich noch einem bunten Sparschweinchen (bitte nicht … Ihre Bemühungen sind doch selbstverständlich, oder?) erzeugen auch wieder Unruhe. Den letzten Eindruck nehmen die Kunden ja mit und dies wird im Gehirn gespeichert. Sie wollen doch mit Sicherheit, dass sie wiederkommen und Sie im besten Fall weiterempfehlen, weil sie eine gute Zeit bei Ihnen verbringen, die dann auch noch Spaß macht.

Selbstverständlich braucht es für die Wiederherstellung von gutem Hören Kompetenz, Know-how und Erfahrung. Dies sollte ein Hörakustiker mit seinem Unternehmen schon von außen ausstrahlen. Aber den persönlichen Aspekt darf man nicht außer Acht lassen. Das sensible Thema eines Hörverlusts will der Kunde – egal welchen Alters – mit jemandem teilen, der freundlich ist und die gemeinsame Zeit in einer schönen Wohlfühlatmosphäre mit Spirit und Seele gestaltet. Genau das sollte auch ein Geschäft ausstrahlen, da – wie der Titel sagt – ein Laden lächeln muss, bevor es das Personal tun kann.

Denn im Vorfeld weiß ich als Kunde ja noch nicht, wie ich auf der persönlichen Ebene vom Hörakustiker empfangen und beraten werde. Setzen Sie sich die Kundenbrille auf, sehen Sie, was die Kunden sehen, denken Sie sich in Ihre Kunden ein, fühlen Sie, was die Kunden fühlen. Ich jedenfalls weiß, auf welche Kriterien ich bei der Wahl meines Hörakustikers achten werde, wenn es denn bald soweit ist.

FAZIT

Wie muss heute der Laden eines Hörakustikers aussehen? Die Ansprüche der Zielgruppe sind gestiegen. Sie erwarten ein modernes Unternehmen mit Wohlfühlcharakter. Das geht von einem gut gestalteten Schaufenster über einen einladenden Eingangsbereich bis hin zu einer eher wohnlichen Einrichtung. Details bestimmen über die Auswahl des persönlichen Hörakustikers. Hier bin ich Gast, hier fühle ich mich wohl.

 

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Concept and Design: info@karin-wahl.de

 

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