Klaus Lach – Vizepräsident und Geschäftsstellenleiter des VMM Europäischen Verbands für visuelles Marketing / Merchandising e. V. und geschäftsführender Gesellschafter der OWD GmbH Agentur für visuelles Marketing.
Ist der Laden gebaut und geputzt, kommt die Ware. Und die will gekonnt inszeniert werden, wenn sie dem Kunden auffallen soll. Visual Merchandiser setzen um, was vorher in einem Konzept zum visuellen Marketing entworfen wurde.
Das visuelle Marketing gewinnt im Marketing-Mix immer mehr an Bedeutung und ist einer der wesentlichen Erfolgsbausteine im Einzelhandel. Es basiert im Wesentlichen auf zwei entscheidenden Erkenntnissen: Die meisten Verbraucher informieren sich über das Produktangebot durch einen Blick ins Schaufenster und/oder in den Verkaufsraum. Rund zwei Drittel aller Kaufentscheidungen werden emotional und unbewusst direkt am Point of Sale getroffen.
Passanten werden aber nur dann zu Kunden, wenn die Schaufenstergestaltung und die Inszenierung im Verkaufsraum als attraktiv und unverwechselbar wahrgenommen werden. Dies ist die Aufgabe des visuellen Marketings. Es schafft eine Verbindung zwischen dem realen Leben auf der Straße und dem fantasievollen Ladeninneren und zielt deshalb auf eine attraktive, kundenorientierte Außen- und Innenpräsentation ab. Die individuellen Botschaften, die über das Schaufenster oder den Verkaufsraum vermittelt werden, konkurrieren stark mit den Informationen der Wettbewerber.
Trend Auftanken
Wir müssen das Leben aus einem anderen Blickwinkel betrachten. Wir suchen Rückzugsorte, um zu meditieren, um die eigene Kreativität zu aktivieren. Die Gestaltungen sollten daraufhin ausgerichtet werden, vor allem in den Verkaufsräumen. Die Elemente, die Natur, das Meer oder der Himmel sind Inspirationsquellen. Das Design spiegelt emotionale Authentizität wieder.
Aufgabe des visuellen Marketings ist es daher, durch Einsatz wirkungsvoller Gestaltungselemente den in einem bestimmten Kontext präsentierten Produkten einen einzigartigen dramaturgischen Auftritt zu verschaffen. Wichtig ist, mit den Betrachtern in einen „visuellen Dialog“ zu treten. Das visuelle Marketing schreibt dafür ein „optisches Drehbuch“. Es fügt sich im Kopf des Passanten zu einem Film zusammen, um ihn letztlich sanft, unterschwellig oder eindeutig bestimmt in Kaufstimmung zu versetzen. Um dies zu erreichen, sollten die optischen Reizpunkte so viele Sinne wie möglich ansprechen.
Ein wichtiger Teilbereich des visuellen Marketings ist das Visual Merchandising. Dabei geht es um die Umsetzung der visuellen Marketingstrategien im Geschäft. Im Fokus stehen die Ladengestaltung und Maßnahmen zur Verkaufsförderung. Das Visual Merchandising gewährleistet die konsequente Durchsetzung der Kommunikation in der Verkaufsstrategie am Point of Sale (bzw. in Showrooms, auf Messen oder Events).
Im Vogelnest entspannen kann man im M.I. Bookstore in Harbin, China.
Beim Visual Merchandising ist ein logischer Aufbau bei der Präsentation von Waren essenziell. Waren werden in zusammenhängenden Warenbildern nach Farben, Größen und Zugehörigkeit präsentiert. Dabei werden zusätzliche Anreize inszeniert, wie etwa Lichtgestaltung, Duft oder Musik. Es wird somit nicht nur die Ware, sondern auch deren Umfeld stimmungsvoll gestaltet und damit eine für den Kaufanreiz günstige Stimmung erzeugt. Die Ware wird durch gezielte Übersicht und emotionale Gestaltung so dargeboten, dass sie ohne zusätzliche Argumente von Verkäufern für sich selbst spricht. Mit der Inszenierung werden alle relevanten Produktinformationen (Grund- bzw. Zusatznutzen) optimal herausgestellt. Dies gewährleistet, dass sich die Kunden schnell und gezielt informieren können.
Die Urbanisierung schreitet voran. Mehr als 70 Prozent der Bevölkerung Westeuropas leben in Städten, Tendenz steigend. Daraus resultiert eine neue Sehnsucht nach Authentizität, nach Versöhnung mit der Natur und nach Nachhaltigkeit. Der Mensch sucht nach Heimat- und Landprodukten, um an die „gute alte Zeit bei Muttern“ erinnert zu werden. In den Städten wird die Sehnsucht nach Natur etwa dadurch erfüllt, dass Hausfassaden begrünt oder grüne Erholungsinseln in den Innenstädten geschaffen werden. Häuser werden vermehrt aus Recycling-Materialen gebaut.
Auch der Einzelhandel wird sich bei der Gestaltung des visuellen Marketings Nachhaltigkeit auf die Fahne schreiben und ökologisches Bewusstsein zeigen müssen. Dazu gehört ferner: die Natur in den Laden holen. Also: Wände begrünen, Warenträger aus Holz verwenden, mit Baumelementen und Ästen kleine Wälder im Verkaufsraum aufbauen. Blumen oder Blumendekor- Tapeten einsetzen, natürlich aussehenden Waschbeton verwenden. Gerade im visuellen Marketing, wo Materialien häufig nur für einen kurzen Zeitraum eingesetzt werden, liegt enormes Potenzial, Nachhaltigkeit zu demonstrieren. Storekonzepte können auf ressourcensparende, sortenreine und umweltschonende Materialien, wie zum Beispiel Holz, Papier, Pappe oder Textilien, zurückgreifen.
Dabei gilt es, auf Materialien zu achten, die keine Kunststoffbeschichtungen haben und mit wasserlöslichen Lacken behandelt sind. Auch die Schaufensterfiguren sollten aus nachwachsenden Materialien sein. Zudem ist es sinnvoll, die Merchandising-Elemente über einen längeren Zeitraum zu verwenden; gegebenenfalls können ältere Elemente neu aufgearbeitet werden, oder wir tauschen Dekorationselemente unter Kollegen aus.
Bislang sprechen Einzelhändler die Kunden im Schaufenster und am Point of Sale überwiegend noch mit Plakaten, Displays oder anderen Eyecatchern an. Doch die Reizüberflutung in den Medien führt dazu, dass sich diese traditionellen, statischen Werbeträger immer schwerer behaupten können.
Neue interessante Präsentationsplattformen, die die Konsumenten informieren und unterhalten, setzen sich zunehmend durch. Sie werden mit dem Begriff Digital Signage umschrieben. Bei diesen innovativen Varianten geht es um den Einsatz digitaler Medieninhalte bei speziellen Werbe- und Informationssystemen. Im Schaufenster werden zum Beispiel Plasma- oder LCD-Bildschirme platziert, die Kampagnen- oder Produktinformationen übermitteln.
Über digitale Werbeformen können diese Inhalte transportiert werden:
1. Produktvorstellung und –demos auch als laufende Videosequenz
2. Bildeinbindung wie z.B. in TV-News-Formaten
3. Sonderangebote
4. Regionale und überregionale News
5. Werbespots und Musikvideos
6. Quiz bzw. Spiele
Im Wintergarten bei Woolrich gibt es mehr Natur als Ware.
An Rolltreppen oder an Fahrstühlen fungieren Serviceterminals als Wegeleitsysteme. Auch so genannte Kiosksysteme kommen verstärkt zum Einsatz. An diesen Terminals informieren sich die Kunden alleine oder mit Unterstützung des Verkaufspersonals audiovisuell über Produkte und Services des Geschäfts. Beispielsweise können sie darüber interaktiv eine Produktberatung in Anspruch nehmen, am Terminal bezahlen oder Produktbewertungen abgeben. Eine Verknüpfung der Offline- und Onlineaktivtäten ist darüber hinaus möglich, da die Kunden auch direkt im Onlineshop bestellen können. Eine Verbindung zum Onlineshop lässt sich auch dann herstellen, wenn auf ausgewählten Werbeträgern QR- Codes abgebildet werden, die auf die Shopseite verlinken.
Für Filialunternehmen ist das so genannte Point-to-Multipoint- Verfahren interessant. Mit diesem einzigartigen Informations- und Kommunikationstool wird die Pflege der Informationen von zentraler Stelle aus gesteuert und mittels Datenübertragung an unterschiedliche Informationssysteme im Geschäft verbreitet. So können für jede Filiale individuelle Nachrichten eingepflegt werden.
Die Luxusmarke Dolce & Gabbana beweist Humor mit einem rustikalen Schaufenster, bewegliche Plüsch-Hühner inklusive.
Das Visual Marketing schreibt das optische Drehbuch für die Produkte im Store
Das Visual Merchandising setzt die visuellen Marketingstrategien im Geschäft um