In Asien hat man es längst verstanden, dort wird Online-Shopping als Event gefeiert. Und das ist es, was “Shopping” sein sollte: ein besonderes Erlebnis.
“Shopping” bedeutet nicht “Warenbeschaffung”, es geht um den gesamten Prozess, des Stöberns, sich inspirieren Lassens und bestenfalls Ergatterns. Vor allem für viele weibliche Konsumenten gehört hier bereits der Weg zum Ziel.
Jeder Besuch eines Shops, signalisiert bereits die Lust, zumindest aber einen Willen zum Kauf. Leider schaffen es sowohl (und insbesondere) viele Stationär Händler, wie aber auch eine Menge Online-Händler den anfänglichen Kaufimpuls und die bestehende Kaufbereitschaft ihre KundInnen zunichte zu machen, statt sie zu affirmieren. Durch tolles Storedesign, einen persönlichen, freundlichen Empfang, angenehmen Duft, entspannte Hintergrund Musik, inspirierende Shop Ausstattung, gute Warenpräsentation und Beratung, attraktive Angebote, schnelle Verfügbarkeit, einen einfachen Zahlvorgang sowie eine besondere Warenverpackung und Ausgabe- bzw. Lieferung und kundenbindende Aftersales Service, ließe sich die Kauflust durchaus noch steigern.
Wenn aber all dies fehlt und den potentiellen Kunden stattdessen ungepflegte Shops (mittlerweile leider selber im Onlinehandel zunehmend), lange Schlangen an Kassen bzw. ein zu komplizierter check out Prozess, mangelnde Auswahl der Bezahlmöglichkeiten und nicht vorhander oder unfreundlicher Service erwarten, wird aus der Lust ganz schnell großer Frust.
Dabei gab es offline wie online noch nie so unendlich viele Möglichkeiten einer
motivierenden und verkaufsfördernden Ansprache der Kunden, wie heute. Ja, es stimmt, aufgrund der steten Entwicklung neuer Technologien, unterliegt der Handel einem enormen Zwang, sich den fortwährenden Änderungsprozessen anzupassen. Wer sich dem Wandel aber vollkommen verschließt, verliert.
Viele der Neuerungen haben Einfluss auf das Einkaufsverhalten der Kunden, ihre Erwartungen und Gewohnheiten. Was gestern noch als trendige Randerscheinung abgetan wurde, ist morgen schon Usus.
“Online first” betrifft B2C, sowie spätestens jetzt in und nach Corona Zeiten auch das Agieren von B2B Händlern und Dienstleistern. Die weltweite Pandemie drängte Anbieter und Marken in die digitale, aktivierende (Echtzeit)Kommunikation. Sogar ein reines Business Netzwerk wie LinkedIn führte auf einmal “Stories” ein.
All das zeigt bereits Wirkung in der Art und Weise der Content Gestaltung. Auf einmal menschelt es, Authentizität und Echtzeitkommunikation sind nun gefragt.
Mit Sicherheit weiter zunehmen, wird zudem der Wunsch nach Individualisierung und persönlicher Ansprache. Um diese in einer digitalen, nicht direkten face2face Kommunikation zu erzielen, braucht es kluges Datenmanagement und Kenntnisse über die Kunden sowie gleichwohl eine sichere, transparente und datenschutzkonforme Handhabung dieser.
Aber wer die individuellen Kundenbedürfnisse in den Mittelpunkt seines Handelns stellt, persönlich mit seiner Community kommuniziert und für ein begeisterndes, mindestens positives Einkaufserlebnis sorgt, der hat gute Aussichten mit Kundentreue belohnt zu werden.
Ein digitaler Auftritt lässt sich dank der technologischen Möglichkeiten einfacher skalieren und die Customer Journey quasi in Echtzeit personalisieren. Da ist der stationäre und platzmäßig beschränkte Handel im Nachteil: es gibt nur einen Store für alle – vielleicht noch in Männlein-Weiblein Abteilung segmentiert. Diversität? Fehlanzeige. Auch ein schnelles A/B Testing ist hier nicht möglich. Letzteres kann im Stationär Bereich nur annähernd mit pop-up-Stores erzielt werden.
Selbst im reinen E-Commerce trennt sich allerdings zunehmend die Spreu vom Weizen. Die wenigsten Onlinehändler sind in der Lage oder willens, Ihre Daten zusammenzuführen und nutzbringend zu analysieren. Trotzdem droht der reine Stationär Handel weiter ins Hintertreffen zu geraten. Er verliert zwei seiner ursprünglichen Alleinstellungsmerkmale: die menschlich-soziale Komponente sowie seine Erlebnis-Kompetenz (…insofern er diese denn je wirklich hatte).
Wer die individuellen Kundenbedürfnisse in den Mittelpunkt seines Handelns stellt,der hat gute Aussichten mit Kundentreue belohnt zu werden.
Mit der Massennutzung der Smartphones (kurz nach Einführung des IPhones 2007) begann eine neue Ära der Internetkommunikation. Durch die Einführung der Social Media-Netzwerke wurde aus der one-to-many-Kommunikation ohne Rückkanal (Rundfunk und Fernsehen) plötzlich eine many-to-many-Kommunikation mit vielfältigen Möglichkeiten der Reaktion und Interaktion (Chats, Emojis, Likes, Shares, Kommentieren, Sprachnachrichten etc.). Dass die Social-Media-Kanäle nicht nur zur Kommunikation und als Werbeforum dienen, sondern noch dazu als Absatzkanal genutzt werden können, begann erst etwa ab dem Jahr 2010, mit dem wachsenden Erfolg der Influencer, in unser Bewusstsein zu rücken. Die Verbindung von mobilem Endgerät mit Internetfähigkeit, eingebauter Foto- und Videokamera sowie einer Social Network-Mitgliedschaft ermöglichte den Nutzern, sich in Eigenregie, live und weltweit anderen Nutzern zu präsentieren. Auf einmal folgten Menschen statt Unternehmensauftritten und Medien lieber Internetpersönlichkeiten. Und diese merkten schnell, welch großen Einfluss sie auf ihre Community und ihre Follower haben. Influencing und social selling was born.
Erst die Corona-Krise lies viele Unternehmen realisieren, dass auch sie selbst in dieser Form agieren und aus der Not eine Tugend machen können. Und dass die digitalen Kanäle nun auf einmal die einzigen waren, mittels derer man überhaupt noch Menschen erreichen konnte.
Der Erfolg mit der eigenen Live-Beratung per WhatsApp, Facetime oder Zoom, der Warenpräsentation auf Instagram und Facebook, der schnellen Online-Shop-Erstellung (sogar das bietet Facebook inzwischen an) und Social Media-Kommunikation, hat der Digitalisierung, dem E-Commerce und speziell dem Social Shopping noch einmal enormen Aufwind gebracht. Selbst die vielen und in der Corona-Not tröstenden, lustigen Privatvideos haben ihren Beitrag dazu geleistet. Alles ist ein wenig nahbarer und persönlicher geworden.
Gleichzeitig hat es die Schwächen des bisherigen E-Commerce der letzten 20 Jahre offenbart: Es mangelte bis dato an Personality, Natürlichkeit und somit Authentizität, zwischenmenschlichem Beziehungs-“Klebstoff” und Unterhaltung. Technische Perfektion killt eben schnell auch Emotion.
Somit kann selbst der klassische E-Commerce sehr viel vom Social Commerce und aus der Corona-Krise lernen. Langweilige Onlineshops ade – „We love to entertain you“ lautet die Devise. Denn Entertainment und Konsum begünstigen sich gegenseitig. Das weiß jeder, der einmal bei einer Live-Auktion, auf einem Bazar im Orient oder dem Fischmarkt auf St. Pauli war oder sich nachts um Eins eine Teleshopping-Sendung von QVC angeschaut hat.
Gerade Letzteres gewinnt derzeit enorm an Fahrt und wird in Asien bereits mit sehr großem Erfolg betrieben: die Digitalisierung des good old Teleshoppings in Form von Live (Stream) Shopping.
Durch die direkte Verknüpfung von mobilem Device des Sales Promoters mit dem
Onlineshop des handelnden Unternehmens kann der Promoter die Kunden mit auf seine ganz persönliche Shoppingtour nehmen, mit ihnen interagieren, sie unterhalten, die Produkt- und Marken- USP’s präsentieren und den Verkauf ankurbeln. Unterstützt wird das Ganze durch die zeitliche Limitierung, Verknappung der Ware sowie besondere Angebote (z.B. Sale Prices, Service, Zusatzfunktionen, Special Editions etc.). Diese neue Form von Entertain- Promotion fördert nicht nur den Absatz um bis zu 30 Prozent (mit guten Promotern auch weit mehr), sondern ist gerade jetzt am Anfang dieses Trends ein sehr gutes Marketingtool, um sich als Marke innovativ und trendy zu präsentieren.
Livestream Shopping Events und auch die später noch abrufbaren Videos eignen sich, ganz abgesehen von der messbaren Verkaufsförderung, sehr gut zur lebendigen State of Art Content-Generierung für alle Unternehmenskanäle. Kein anderes Format ermöglicht zudem eine solche Nähe zur eigenen Community beziehungsweise die Chance, sich eine solche aufzubauen.
Die gute Nachricht für digital wie auch stationär agierende Multichannel-Unternehmen ist, das Livestream-Shopping die Attraktivität und Reichweite des Brand Stores enorm erweitern kann.
So lässt sich das Ladenlokal auch außerhalb der regulären Geschäftszeiten Gewinn bringend nutzen. Warum den Store nicht zur Showbühne machen und aus dem Geschäft heraus online verkaufen? Der positive Effekt ist die Bewerbung und Attraktivitätssteigerung des eigenen Shops. Mit einer “Live@Store”-Verkaufsshow, vielleicht sogar verbunden mit dazu gebuchten attraktiven lokalen oder gar internationalen Showacts, kann der Handel dann selbst dem TV Paroli bieten.
Für Retail Design und Visual Merchandising böten sich hier ganz neue Wirkungsfelder. Da wären sie, die schon so viele Jahre geforderten Erlebnis-Stores und im wahrsten Wortsinne: Showrooms!
Um diese Form des digitalen Handels betreiben zu können braucht es, abgesehen vom Onlineshop selbst, ein solides Fundament in Form einer ERP (Enterprise Resource Planning), mindestens aber einer soliden Warenwirtschafts-Software sowie eine optimale und reibungslose Logistik-, Fulfillment- bzw. komplette Supply Chain Organisation.
Und es braucht gute telegene und motivierte Verkaufsprofis und Produktexperten. Denn abgesehen von der Notwendigkeit, sich mit den neuen Technologien des Liveshoppings auseinanderzusetzen, kann und möchte nicht jeder live präsentieren. Anders als bei rein werblich wirkenden Testimonials muss, abgesehen von der zur Marke passenden Person, darüber hinaus noch die Komponente des anpreisenden Verkaufens beherrscht werden.
Mit der Häufigkeit der Nutzung neuer digitaler Tools und Dinge, wie wir im letzten Jahr erfahren haben, kehrt positive Routine ein. Wie so oft gilt also: “Probieren geht über Studieren”. Dann kann das Ganze nicht nur den Kunden, sondern auch Verkäufern wieder richtige Shoppingfreude bereiten! – Let’s do it!
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